KLAPPENTEXT

Wer war eigentlich Issy Wygoda? Ein in Frankfurt stadtbekannter Bankrotteur oder ein mann der sich nach 1945 in deutschen Gerichtssälen für die Belange der Juden einsetzte?  Und weshalb hat die Kurzwarenverkäuferin Fräulein Kratzenberg Judenkinder mit gebackenen Osterlämmchen und Heiligenbildchen beschenkt?

Valentin Senger lässt in seinen neuesten, sehr persönlich gehaltenen Erzählungen jüdisches Leben wieder auferstehen. Er erinnert sich an Menschen, die lange schon dem Vergessen preisgegeben zu sein scheinen, wie die armen Ostjuden in den 20er Jahren, die seine kämpferische Mutter als „jüdisches Proletariat“ bezeichnete. Oder Senger erzählt die Geschichte des Friedberger Frauenbads, das jahrhundertelang Unglück über seine Benutzerinnen brachte. Aber Aberwitz ist das beherrschende Element in allen Erzählungen.  Es gibt kaum einen Lebenslauf, der nicht von den Nazis beschädigt worden wäre. Aber Sengers liebenswerte Figuren pflegen auch gern ihren Eigensinn.

In diesem Reigen von Erzählungen hat Valentin Senger seinen Freunden und Bekannten Denkmäler gesetzt. Er tritt als deren Freund und letzter Zeuge auf und bewahrt die Erinnerung an sie. Getragen werden diese Geschichten von einer tiefen und anrührenden Mitmenschlichkeit. Und da der Autor auch von sich selbst spricht, lassen sich diese Erzählungen ebenso als Bruchstücke aus Sengers Autobiographie lesen – gespiegelt in den Lebensläufen seiner Zeitgenossen.